Wenn ich radle, stehe ich um 5.30 Uhr auf. Das tönt zwar
nicht unbedingt nach Ferien, aber hier in Mittelamerika kann ich ab 12.00
mittags wegen der Hitze kaum mehr radeln. Während ich also frühmorgens meine
Siebensachen zusammenpacke und mein Rad belade, koche ich mir mit einem kleinen
Tauchsieder einen Kaffee, denn ohne Kaffee komme ich nicht auf Touren.
Um 6.30 wird es hell, dann fahre ich los. Bis gegen 10.00
Uhr ist die Temperatur angenehm unter 30 Grad. Auch hat es oft Schatten der
Bäume. Danach steigt aber die Temperatur bis mittags über 40 Grad auf meinem
Bordcomputer.
Zum Radeln lese ich mir anhand der Karte möglichst schöne
und verkehrsarme Strassen aus, für andere Teile nehme ich den Bus. Es ist
schön, hier in dieser üppigen Natur überland zu fahren. Dazu all die Geräusche
aus dem Wald: Vögel, Zikaden, Frösche usw. Auch die Menschen sind freundlich,
heben den Daumen, hupen und winken. Einmal verlangsamte ein Busfahrer neben mir
seine Fahrt, öffnete die Tür, lachte und rief: „Hello, Mister!“
Diese gleichförmige Bewegung des Radelns, sie hat etwas
meditatives, ordnendes, heilendes.
Es scheint eine Beziehung zu geben zwischen körperlicher
Bewegung und seelischer Ausgeglichenheit. In der Bewegung liegt Ruhe verborgen.
Manchmal ist das Radeln auch mühsam und eintönig, und ich
frage mich, was mache ich hier eigentlich? Aber ich denke, die Sinnfrage, die packt
einen überall, auch diejenigen, die am Pool liegen und die dritte Piña Colada
reinkippen. Und dann kommen wieder spannende Momente und schöne Erlebnisse, und
ich sage mir: Gut dass ich das tu!
Ich fühle mich meistens sicher auf den Strassen. In Mittelamerika
sind die Hunde nicht so scharf wie in Ecuador. Aber aufpassen muss man auf die
vielen Scherben und die vielen Pneuteile, die herumliegen und hervorstehende
Stahldrähte haben. Man hört oft von dreister Kriminalität gegenüber Touristen,
und als Radfahrer ist man besonders ausgesetzt. Allerdings sind es Überfälle
auf Geld oder Kamera etc. Das das touristenstrotzende Costa Rica hat offenbar
zunehmende Kriminalität. Es heisst aufpassen.
Ab Mittag steigt mein Thermometer über 40 Grad. Die
Radeltour wird dann zu einer Tortur. Wenn ich mir ein Ziel vorgenommen habe,
zum Beispiel einen schönen Strand mit Übernachtungsmöglichkeit, und mit Radeln
nicht so weit gekommen bin, nehme ich den Bus. Das ist meist problemlos
möglich.
Etwa so um 2 Uhr habe ich mein Hotel oder Campingplatz. Dann
gehe ich mal baden, im nahen Meer oder oft auch im Swimmingpool des Hotels. Das
tut gut, ahh. Das sind schöne Augenblicke. Danach gehe ich etwas essen. Doch meistens
mag ich gar nicht so richtig, vor Erschöpfung und vor Hitze. Aber trinken! Am
liebsten Jugos oder Batidos.
Danach mache ich meine Wäsche. Was ich zum Fahren trug, wasche
ich täglich, es würde sonst am nächsten Tag derart stinken, dass ich mich
hassen würde.
Die späteren Nachmittage und Abende verlaufen
unterschiedlich. Oft trifft man jemanden im Hotel, mit dem man schwatzt. Ich
mache einen Spaziergang am Strand oder in der kleinen Stadt und kaufe ein paar
Trinksachen oder Früchte ein. Ich mache auch gerne Yoga am Strand bei
Sonnenuntergang. Dazu suche ich mir einen schönen Platz, die Leute um mich
herum stören mich schon lange nicht mehr.
Am Abend schaue ich in meine Mails und schreibe dies und jenes,
oder lade ein paar Bilder auf meinen Blog. Eigentlich wollte ich auch täglich
etwas spanisch lernen, doch dazu reicht die Zeit oft nicht, und ich bin müde
und lege mich flach und lasse mich von Morpheus Arme umschlingen.