Freitag, 25. März 2011

Eins sein 3

Ich erzaehle eine Geschichte, die mir kuerzlich in den Kopf kam, von der ich aber fast nichts mehr weiss. Ich glaube, sie ist alt und eine buddhistische Lehrgeschichte. Wenn ich sie der Spur nach erzaehle, sagt sie wohl eher was aus ueber mich. Die urspruengliche Geschichte koennte ganz anders sein.

Also, ein Mann begehrte eine Frau und wollte gerne mit ihr zusammenleben. Er klopfte an deren Tuer, sprach von ihrer langjaehrigen Bekanntschaft, ihren gemeinsamen Erlebnissen, seinen Gefuehlen fuer sie und dem moeglichen schoenen, gemeinsamen Leben zu zweit.
Doch die Frau antwortete freundlich und traurig: "Mein lieber Freund, es geht nicht, denn hier ist keine Platz fuer dich!"
Enttaeuscht ging der Mann fort, konnte jedoch diese Frau ueber die Jahre nicht vergessen. Eines Tages  klopfe er erneut and deren Tuere und bat um ihre Hand. Die Frau fragte: "Fremder, wer bist du denn?“ Der Mann antwortete (und eigentlich blieb mir die Geschichte nur deshalb im Kopf, ist wohl an dieser Geschichte nur dies in Erinnerung): "Du kennst mich! Ich bin dein Freund! Ich bin du!"
Darauf oeffnete die Frau die Tuere und sprach: " Sei herzlich willkommen, fuer dich ist Platz genug!"
Fertig.

Was soll diese Geschichte, die mir nicht aus dem Kopf geht? Sie ist sicher nicht ein Lehrtext fuer die Gleichheit der Geschlechter, denn das ist dem traditionellen Buddhismus fremd. Befremdend ist auch, wie der Mann auf seine Persoenlichkeit zu verzichten scheint.
Die Frau und ihr Haus in dieser Geschichte stehen wohl symbolisch fuer die Welt, die dem Mann verschlossen bleibt, solange er sich als Individuum mit Vorstellungen und Wuenschen versteht. Er erhaelt keinen Zugang in diese Welt, solange er mit seinen eigenen Rucksack voller Eigenheiten, eigener Vorstellungen und eigenem Mobiliar einziehen will. Nur, wenn er bereit ist, sich einzulassen auf die Frau und das Haus, die Umwelt, das Leben, bekommt er Einlass. Er muss bereit sein, sich hinzugeben, sich preisgeben. Ja, sich selber sein und bleiben, ist eine westliche Vorstellung von individuellem Glueck. Alles den anderen geben, sich hingeben - denn was kann man mehr geben als sich selbst - ist die oestliche Vorstellung eines guten, harmonischen Lebens. Es entspricht unserem Sprichwort, dass Geben befriedigender und gluecklicher macht als Nehmen.
Die Frau - das Tao, der Weg , die Einsicht, die Weisheit - und den Zugang in das Haus - zur Einheit des Menschen mit der Welt (Nirwana? Erloesung von den Leiden?) - erhaelt der Mann (Mensch) erst, wenn er seine Beduerfnisse, seine Traeume und Wuensche los laesst, wenn er und die Frau und das Haus keine Gegensaetze mehr sind, nicht mehr Ying und Yang, sondern sich die Gegensaetze aufgehoben, sich vereinigt haben in der Mitte, in der Harmonie zwischen Ying und Yang, zwischen ich und du und die Welt, zwischen Sein und Nicht-Sein, alles beinhaltend. Die Erfuellung - durch los-lassen, nicht-wuenschen, nicht-handeln, nicht-eingreifen, durch Gleichmut und geschehen-lassen.