Freitag, 25. März 2011

Ueber die Relativitaet der Zeit

Der Dalai Lama schreibt in seiner Biografie von der Nichtexistenz einer zeitlichen Konstante. Jeden Augenblick wird die Welt neu geschaffen. Das sehen wir nur teilweise. Wir meinen, es gebe eine Beziehung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Diese Konstanz entspricht nicht der Weltsicht des Buddhisten. Diese Konstanz ist eine Taeuschung unserer Sinne. Es gibt nichts Konstantes ausser den Wandel, und der geschieht jeden Augenblick so radikal, dass wir ihn mit unseren beschraenkten Sinnen gar nicht erfassen koennen. Wir sehen, wie Berge erodieren und Menschen alt werden. Aber die Welt ist jeden Augenblick eine andere, neue. Unsere Welt wird jeden Augenblick neu kreiert. Der Mensch hat unzaehlige Leben - jeden Augenblick eines. Vergeuden wir keines! Verpassen wir keines!

Naturwissenschafter stimmen mit dieser Auffasung weitgehend ueberein: Zeit ist eine relative Groesse.
Als Historiker kann ich viel damit anfangen. Die Geschichte ist eine konstrierte Vergangenheit, indem man einige Ereignisse auswaehlt, unzaehlige weglaesst und erstere zu einer Konstruktion verknuepft, die man zur Geschichte eines Landes oder einer Epoche erklaert.

Welchen persoenlichen Gewinn enthaelt denn die buddhistische Sichtweise, die Welt, die Mitmenschen, ich seine jeden Augenblick etwas Neues?
Die Offenheit gegenueber Umwelt und Menschen! Menschen, die wir gestern als muehsam einschaetzten, sind im naechsten Augenblick wertvoll. Es gibt keine (Vor-)Urteile, Einschaetzungen, Stereotype mehr, denn im naechsten Aubenblick ist die Welt neu und anders.
Und damit wird die Welt spannender, denn in jedem Augenblick wird sie neu kreiert.
Und das Leben ist nicht mehr ein Leben zwischen Geburt und Tod, denn ich habe jeden Augenblick ein Leben. Es hoert nicht auf mit dem Tod, ich habe in diesem Augenblick nur eine andere Form der Erscheinung.

Uersule am 27.3.2011:
... gefallen mir deine "Buddhistischen Gedanken", nur wären die zu diskutieren, da für mich tausend Fragen auftauchen.
Vielleicht kannst du folgende Worte als Ergänzung lesen:
"Auch wir sind Teilnehmer der Systeme des Lebens und der Welt und nicht nur seine Beobachter. Wir können sie auf tiefe Weise anschauen und vestehen und dadurch wirklich Anteil haben an allem, was uns und den anderen geschieht.
Tun wir dies aus der Erkenntnis der gegenseitigen Verbindung heraus, dann sehen wir uns selbst und die Welt, das Individuelle und das Komplexe in seiner jeweils einzigartigen Zusammensetzung. Du siehst dich und das Ganze ohne Unterscheidung  zwischen dir und dem Rest der Welt. Lasst uns Teilnehmer sein statt Beobachter. Denn dies wird die Mauern durchbrechen, die wir in unserem Geist selbst errichtet haben." (Thich Nhat Hanh)

In Thichs Sinn wünsche ich dir und Edi noch viel Anteilnahme am Anderssein des Gegenübers.

Und sonst viel Fun and enjoy!
Bis bald schon und lächle deinem eigenen Herzen zu
Ursula